Ein Jahr und ein paar Tage: In Erinnerung an das Attentat von Hanau in zwei Teilen
9. Februar 2021
Hanau am 19. Februar 2020 – In der hessischen Großstadt wurden zehn Personen ermordet und sechs weitere verletzt. Abgespielt hat sich das rechtsterroristische Attentat an einem Mittwochabend, mitten in der Stadt, auf der Straße, vor einer Shisha-Bar. An einem Ort, der für (Black) People of Color als geschützter Raum gilt, wo sie sich aufgrund ihres Aussehens oder ihres Namens nicht erklären müssen. Der rassistische Anschlag, der sich gegen Menschen mit Migrationsbiografie richtete, steht dabei in einer langen Kette rechtsradikal motivierter Gewalttaten in Deutschland. Ab dem Wendejahr 1990 kam es in Halle, Kassel, München, Mölln, Solingen, Rostock-Lichtenhagen u. w. deutschen Städten mit zunehmender Häufigkeit zu Gewaltakten und Übergriffen.
Während sich die öffentliche und politische Debatte heute zunehmend ernster mit der Frage beschäftigt, wie rechtsradikale Tendenzen die freiheitliche Grundordnung bedrohen, kämpfen Opferhinterbliebene, Betroffene und Aktivist*innen aus der Zivilgesellschaft schon seit Jahrzehnten um Aufmerksamkeit für Rassismus als ein dauerhaftes Problem, das bis in die Mitte der Gesellschaft verankert ist.
Diesem Anliegen folgend erinnern das Nationaltheater Mannheim und die Muslimische Akademie Heidelberg i. G. in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Jüdische Studien, dem Kompetenznetz Plurales Heidelberg und dem Karlstorbahnhof mit zwei inhaltlich verknüpften Veranstaltungen unter dem gemeinsamen Übertitel »Ein Jahr und ein paar Tage« an den Hanau-Anschlag am 19. Februar 2020.
Nationaltheater Mannheim, »Das Haymatministerium« präsentiert: »Ein Jahr und ein paar Tage – Eine Visionsentwicklung zur Rassismus-Debatte in Deutschland (Teil 1)«
15. Februar 2021, 19.00 Uhr
Rassistisch motivierte Anschläge wie das Hanau-Attentat am 19. Februar 2020 sind keine Einzelfälle, sondern stehen in der Kontinuität rechtsradikaler Anschläge der BRD-Geschichte. Wie schaffen wir es vor diesem Hintergrund, eine produktive öffentliche Debatte über Rassismus zu führen, die nicht erst von gewaltvollen Ereignissen ausgelöst wird und nach dem Abebben des öffentlichen Interesses von der Bildfläche verschwindet? Welche Zukunftsvision stellen wir uns angesichts unserer pluralen Gesellschaft vor und was braucht es, damit diese Realität werden kann? Nicht nur ein gesellschaftlicher Konsens, dass es diese Auseinandersetzungen braucht, ist dafür notwendig, sondern auch institutionelle Räume und Akteur*innen, die sich für diese stark machen und das öffentliche Sprechen über Rassismus auch jenseits von rassistischen Anschlägen kontinuierlich fördern.
Über die Voraussetzungen einer nachhaltigen Rassismusdebatte und einer gemeinsamen Zukunftsvision möchten wir deshalb am 15. Februar 2021 mit unseren drei Gästen sprechen:
Ferda Ataman, Journalistin, Autorin und Vorsitzende der Neuen Deutschen Medienmacher*innen
Jennifer Yeboah, Quartiersmanagerin Mannheim Neckarstadt-West
Tunay Önder, Autorin, Publizistin, Kuratorin und Initiatorin des »Migrantenstadls«
Moderiert von Dr. Sevda Can Arslan, Kommunikationswissenschaftlerin, anti-rassistisch aktiv und lebt in Mannheim.
Den Zoom-Link für die Teilnahme an der Online-Veranstaltung gibt es per E-Mail nach Anmeldung unter: sophie.kara@mannheim.de.
Die Reihe »Das Haymatministerium« wird gefördert im Programm
Muslimische Akademie Heidelberg i. G. in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg, dem Kompetenznetz Plurales Heidelberg und dem Karlstorbahnhof präsentieren: »Ein Jahr und ein paar Tage – Eine Standortbestimmung (Teil 2)«
23. Februar 2021, 19 Uhr
Die Podiumsdiskussion »Ein Jahr und ein paar Tage – Eine Standortbestimmung (Teil 2)« fragt danach, wie gesamtgesellschaftliche Verantwortungsübernahme in unterschiedlichen sozialen Bereichen gelingen und Rassismus als Querschnittsphänomen begriffen werden kann, das sich durch alle gesellschaftlichen Strukturen zieht. Ausgehend von der Frage, wie sich der gesellschaftliche Umgang mit Opferhinterbliebenen von rassistisch motivierten Anschlägen gestaltet, möchte die Veranstaltung den Blick weiten und Orte ins Bewusstsein bringen, welche in der Rassismusdebatte noch zu wenig beachtet werden. Ausgewählte Repräsentant*innen aus der Politik, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und aus den Medien diskutieren hierfür über Gelingensbedingungen und Herausforderungen einer rassismuskritischen Alltags,- Freizeit – und Berufspraxis. Die Podiumsdiskussion wird eingeleitet mit einem Grußwort von Frau Stefanie Jansen, Dezernentin für Soziales, Bildung, Familie und Chancengleichheit der Stadt Heidelberg.
Auf dem Podium vertreten:
Filiz Polat MdB, Sprecherin für Migrations- und Integrationspolitik der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Dr. Antony Pattathu, Sozial- und Kulturanthropologe an der Universität Tübingen
Prof. Dr. Aladin EI-Mafaalani, Soziologe und Inhaber des Lehrstuhls für Erziehung und Bildung in der Migrationsgesellschaft an der Universität Osnabrück
Emran Elmazi, Verwaltungsleiter im Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma und Leiter des Berliner »Bildungsforums gegen Antiziganismus«
Moderiert von Dr. Sevda Can Arslan, Kommunikationswissenschaftlerin, anti-rassistisch aktiv und lebt in Mannheim.
Den Zoom-Link für die Teilnahme an der Online-Veranstaltung gibt es per E-Mail nach Anmeldung unter: anmeldung@teilseiend.de.
Die Kooperationsveranstaltung ist den Betroffenen von rassistischer Gewalt gewidmet. Gerahmt wird sie daher mit einer Online-Filmvorführung des Dokumentarfilms von Mala Reinhardt »DER ZWEITE ANSCHLAG«, der die bisher kaum beachtete Perspektive der Opferhinterbliebenen dokumentiert und sie in den Mittelpunkt stellt:
DER ZWEITE ANSCHLAG – von Mala Reinhard
Deutschland 2018 | Regie: Mala Reinhardt | 62 min | mit Ibrahim Arslan, Mai Phương Kollath, Osman Taşköprü, Özge Pınar Sarp, Ayşe Güleç, Gülüstan Ayaz-Avcı| deutsches Original mit englischen Untertiteln.
Den Vimeo-Link für die Online-Filmvorführung können Sie mit folgendem Passwort in der Zeit zwischen dem 15.02.21 und 23.02.21 aktivieren:
https://vimeo.com/476574255
Passwort: InErinnerung2021
Veranstaltet von: