Zum Glück war da der Karlstorbahnhof
5und20 Perspektiven
10. Dezember 2020
25 Jahre Karlstorbahnhof – für mich nur 20 Jahre! Die ersten fünf Jahre habe ich verpasst. Ich lebte damals in Südafrika. Die Rückkehr war hart, mir fehlten die offenen Menschen, die Sonne, die Musik. Zum Glück war da der Karlstorbahnhof. Die wunderbaren Booker beschenkten mich immer wieder mit Afrika-Acts. Die habe ich fast alle erlebt, ob als Journalistin für SWR 2 Kultur oder einfach nur privat. DANKE liebe Booker. Tja und dann fand ich einen afrikanisch singenden Chor, der heute Imbongi Voices for Africa heißt. Mit dem entdeckte ich das Eine-Welt-Zentrum im Karlstorbahnhof, den Afrikamarkt und die Afrikatage. Jedes Jahr haben wir nun das Vergnügen im Karlstorbahnhof ein Konzert zu geben, meist zusammen mit Tänzer*innen oder Chören aus Südafrika, allein vier Mal mit den besten Gummistiefel-Tänzern aus Südafrika. Gumboot Dance ist die afrikanische Antwort auf Stomp, ein Tanz der Minenarbeiter. Die Jungs in ihren Gummistiefeln sind hier so beliebt! Immer war der Saal überfüllt, mussten viele Leute nach Hause geschickt werden.
Annette Lennartz hat viel über den Karlstorbahnhof berichtet und steht noch immer regelmäßig mit dem Imbongi-Chor hier auf der Bühne.
Unvergessen, der 29.9.2009 im Karlstor: Auftritt der Corroboration Gumboot Dancers. Die 12 jungen Männer heizen ein. In atemberaubendem Tempo steppen und kicken sie die abgefahrensten Rhythmen. Die gesamte, schreckliche Geschichte der Apartheid tanzen sie, stampfen ihre Trauer und ihre Wut voller Wucht in die Bretter. Unglaublich beeindruckend! Nur, diese Power und Energie kann die Bühne nicht verkraften. Die einzelnen Elemente driften Stück für Stück auseinander. Dem Team vom Karlstor wird ganz anders. Sie hechten unter die Bühne, auch die Männer vom Imbongi-Chor sind dabei. Alle halten mit letzter Kraft von unten das Gestänge fest. Ein irres Bild. Oben der Wahnsinn, unten die Verzweiflung. Aber – sie retten die Performance. In der Pause kommen dann die extra dicken Haken zum Einsatz, alles wird fest gezurrt und Teil zwei geht dann glatt über die Bühne.
Für unser Jubiläum haben wir Erinnerungen, Einblicke und Ausblicke gesammelt von Menschen, die dem Karlstorbahnhof verbunden sind. Alle Texte gibt es im Jubiläumsmagazin. Jetzt bestellen!