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Karlstorbahnhof e.V.

Gemeinnütziges Kulturzentrum in Heidelberg

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anastasius – don’t call me by my deadname

Queer Festival

Di 09.05.23 / 20:00 / TiK

Bild: anastasius – don’t call me by my deadname

Eine öffentliche Hinrichtung gilt als Veranstaltung, die man nicht verpassen darf. Und so heißen wir euch willkommen. Denn wir haben verwandelt die unrechtmäßige Inanspruchnahme männlicher Privilegien in unsere Freiheit. Wir haben uns aneinander erhitzt in unseren Lüsten, haben Schande getrieben und auf willkürliche Grenzen geschissen. Und so steigen wir sozial auf gen Himmel, dies ist mein Leib, hoc est corpus meum, und kein Herr weiß uns aus der Versuchung zu führen. Euch aber behalten wir vor, zu urteilen, welches Ende es mit uns nehmen soll. Und wenn wir auch schon aus dem Wege geräumt, so bliebe doch dergleichen. 

Anastasius Lagrantinus Rosenstengel war vermutlich die letzte Person, die in Europa für „Unzucht des Weibes mit dem Weibe” hingerichtet wurde. Bei der Geburt 1687 dem weiblichen Geschlecht zugewiesen, verließ dey mit fünfzehn das Waisenhaus und legte “Männerkleider” an. Nach Wanderjahren als Prophet*in kämpfte Rosenstengel im spanischen Erbfolgekrieg und „caressierte“ mit einem „von Leder gemachten ausgestopften männlichen Glied“ „schöne Weibspersonen“. 1717 desertierte dey und heiratete eine Frau. 1721 wurde Anastasius Lagrantinus Rosenstengel der Inquisitionsprozess gemacht und man verurteilte demm zum Tode.

Ausgehend von Angela Steideles „In Männerkleidern“ bringen Maren Kraus und Rosa Köhler eine historische Person auf die Bühne, die alle Grenzen sprengt, die ihr durch Geschlechtszuweisung und Stand gesetzt waren. Sie entwickeln ein Stück, welches der Biografie Rosenstengels eine künstlerische Interpretation aus heutiger queerfeministischer Perspektive gegenüberstellt. Anhand der originalen Gerichtsakten beschäftigen sie sich mit dem Begriff der “Sodomie”, der in Rosenstengels Prozess eine entscheidende Rolle spielte, seiner juristischen Entwicklung in der Frühen Neuzeit und darüber hinaus. Sie recherchieren Gender-Debatten der damaligen Zeit und stellen sich die Frage, inwiefern sie uns heute noch beeinflussen. 

Die Geschlechtsidentität der historischen Person (nach heutigen Begriffen) ist nicht bekannt. Es werden deshalb die neutralen Pronomen “dey/demm” verwendet.

Unterstützt vom Kulturamt und dem Amt für Chancengleichheit der Stadt Heidelberg.
In Kooperation mit PLUS e.V. und FAUL&HÄSSLICH.

Inszenierung: Maren Kraus, Rosa Köhler
Performance: Maren Kraus
Kostüm: Oktavia Herbst
Bühne: Muriel Reinhardt
Choreografie: Inés Belda Nácher
Video / Bild / Ton: Hanna Green

Trailer zum Programm!