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Big Joanie

Germany Tour 2020

Mo 17.02.20 / 21:00 / Saal (Altstadt)

Bild: Big Joanie

Kraftvoll, unverfroren, selbstbewusst: Das sind Big Joanie aus der Wahlheimat London. Das Trio aus drei Frauen, das grob der stetig wachsenden Londoner Afro-Punk-Szene zugerechnet wird, aber letztlich doch sein ganz eigenes musikalisches Süppchen kocht, hat seit seiner Gründung im Jahr 2013 so einige Menschen von seinem Tun überzeugt. Allen voran den ehemaligen Sonic-Youth-Kopf Thurston Moore, der Big Joanie als erste Band für sein neu gegründetes Label Ecstatic Peace Library gesignt hat, nachdem er die Drei live gesehen hatte. Dort erschien nun Ende 2018 mit „Sistahs“ das Debütalbum von Big Joanie, das die Frauen selber als „klingt wie die Ronettes, gefiltert durch den 80er-DIY-Gedanken und die 90er-Riot Grrrl-Bewegung, mit feinen Einsprengseln von Dashikis“ beschreiben – wobei ein Dashiki dieses typische afrikanische, politisch aufgeladene Alltagsgewand ist, eine Art Kleidungsstück gewordenes „Black Lives Matter“. Wie sehr diese politische Arbeit für Stephanie Phillips (Gitarre, Gesang), Estella Adeyeri (Bass, Gesang) und Chardine Taylor-Stone (Schlagzeug, Gesang) von Bedeutung ist, belegen schon ihre Aktivitäten abseits der Band.

Big Joanie haben mit dem Decolonise Fest das erste britische Festival für Punks schwarzer Hautfarbe etabliert, das seit 2017 jährlich stattfindet; sie sind die federführende Kraft hinter der Stop Rainbow Racism-Kampagne, die sich dafür einsetzt, keine rassistisch motivierten Veranstaltungen in LGBT-Venues zu dulden; und sie unterstützen alle drei das Girls Rock Camp, das Frauen dazu ermutigt, ihren Weg in der Musikbranche zu gehen. Mit all diesen Aktivitäten spiegeln sie ihren ursprünglichen Grund wider, sich als Band gefunden zu haben, den sie wie folgt beschreiben: „Wir wollen voll und ganz wir selbst sein als schwarze Frauen und herausfinden, was wir in unseren Nischen erreichen können.“ Bereits bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt wurde vieles von dieser Motivation ebenso deutlich wie auch der stilistische Impetus, der Big Joanie – die sich nach dem Vornamen der Mutter von Stephanie Phillips benannten – voran treibt: Auf einem Festival spielten sie 2013 Coverversionen von Nirvana, den Pixies, aber auch von TLC. Der gesamte Pop- und Rock-Kanon seit den 60er-Jahren dient ihnen als Vorlage, der sich bei ihnen zu einem Schmelztiegel verdichtet, der hervorragend in die 90er-Bewegung rund um Sleater-Kinney und das Label „Kill Rock Stars“ gepasst hätte. Auf eine erste, 2014 veröffentlichte EP mit dem Titel „Sistah Punk“ folgte 2015 eine Single mit dem Titel „Crooked Room“, angelehnt an eine Erzählung der Autorin Melissa Harris-Perry, in der es darum geht, wie eine schwarze Frau in einem vom weißen Patriarchat dominierten Lebensentwurf versucht, eine vertikale Linie in einem Raum zu finden, in dem alle Linien gebrochen sind. Schon hier zeigte sich die Komplexität, mit der Big Joanie ihre politischen und gesellschaftlichen Motivationen thematisieren. Neben dem 60s-Girl-Pop stark inspiriert durch Bands wie Nirvana, die Breeders und Jesus & Mary Chain, fanden Big Joanie mit ihrem Debüt-Longplayer „Sistahs“ nun ihr stilistisches Kernelement. Es sind kraftvolle Post-Punk-Hymnen, die vereinzelt überraschend zaghaft anmuten, nur um im nächsten Stück dafür umso unverhohlener auf die Instrumente zu dreschen. Entsprechend vielseitig sind dementsprechend auch die Engagements, die Big Joanie bislang erhielten: Sie dienten als Support auf UK-Shows von Bikini Kill und tourten unter anderem mit den Parquet Courts und den US-Punks Downtown Boys. Doch all diesen Ereignisse dürften nur ein Vorgeschmack sein auf das, was da noch kommt, denn Big Joanie stehen, wie sie selber sagen, noch ganz am Anfang – trotz all des bereits Erreichten. Wie nachhaltig sie sich in die Hirne ihrer Zuhörer hämmern, das beschrieben euphorische Rezensionen in The Guardian, Rolling Stone und The Quietus. Kurzum: Was Big Joanie bereits jetzt liefern, ist eine seltene Stärke, ein Musik gewordenes Selbstbewusstsein von besonderer Güte – aber da wird noch viel mehr kommen. Viel, viel mehr.

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Bild: YouTube Video

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